Quelle: WAZ vom 21.03.2005


Viele kleine Schritte führen zur Zivilcourage
Im Leder- und Gerbermuseum haben die Vorschulkinder der Gruppe Dreistein die Welt des Leders kennengelernt. Auch Marc, Paulina und Maximilian (v.l.) waren eifrig dabei und haben ihren eigenen Regenmacher gebastelt. (Foto: Fatih Kurceren)

Schönebeck. "Ich will das nicht", rufen Schüler der Eichendorff-Schule laut. Vier Wochen lang beschäftigen sie sich im Unterricht mit dem Thema Zivilcourage. Bei der abschließenden Aufführung in der Turnhalle zeigen die Jungen und Mädchen, wie wichtig es ist, mutig zu sein und sich für andere einzusetzen.

Mit einem Theaterspiel führt die 4 b eine Mäusegeschichte vom "Unglaublich starken Willibald" vor. Die grauen Tiere wählen diesen zum Mäuseboss. Doch unter seiner Herrschaft müssen sie sich ständig seinen Befehlen beugen. Spielen und selbstständiges Denken untersagt er. Lillimaus durchschaut seine Machtbesessenheit und erwirkt Freiheit für die Artgenossen.

"Auch im Zweiten Weltkrieg hat es mutige Menschen gegeben. Die Widerstandskämpfer setzten sich für Gerechtigkeit ein", zieht Maritta Zuhorn, Schulleiterin, bei ihrer Ansprache immer wieder Parallelen zum Dritten Reich. Das vierwöchige Projekt "SchüZ" (Schüler üben Zivilcourage) soll den Kindern verdeutlichen, in welchen Alltagssituationen Menschen Unterstützung brauchen.

"Ich habe als Kind in der Straßenbahn einen Schaffner gerufen, weil Jungen einen Armen verprügelt haben", erinnert sich Hannelore Kraft. Die Ministerin für Wissenschaft und Forschung schaut sich begeistert die Auftritte der Grundschüler an. Doch sie betont, dass es manchmal reiche, Hilfe zu holen, statt sich selbst in Gefahr zu bringen. Damit die Kinder sehen können, wie Politiker mit Verantwortung umgehen, lädt sie die Schüler der 4 b in den Landtag ein.

Verantwortlich können die Jungen und Mädchen aber bereits in ihrem Alter handeln - das haben sie gelernt. "Im Sachkundeunterricht haben wir über Mobbing in der Klasse gesprochen", erläutert Maritta Zuhorn. "Wir haben eine Geschichte gelesen, in der ein Junge immer von Größeren geärgert wird", ruft Lioba (8). "Zu den einzelnen Kapiteln haben wir dann Arbeitsblätter bekommen und gemalt", berichtet sich Aileen (9).

Mit den Eigenschaften von Willibald und Lillimaus haben Dominik und David sich auseinandergesetzt. Die Zehnjährigen haben im Deutschunterricht eine Arbeit mit Fragen zu dem Stück geschrieben. "Willibald beschäftigt seine Mäusetruppe, damit niemand nachdenken kann", hat Lukas (10) gelernt. In Gruppenarbeiten und bei Rollenspielen, finden die Kinder heraus, wie sie sich mutig verhalten können, wenn beispielsweise ein Mitschüler gehänselt wird.

Auf kleine Helden hofft die Schulleiterin. "Unsere Gesellschaft braucht viele mutige Menschen", wendet sie sich an Schüler und Eltern. Und die Kinder bringen anschließend musikalisch zum Ausdruck, was sie jetzt wissen: "Viele kleine Leute, die viele kleine Schritte tun, können das Gesicht der Welt verändern."


21.03.2005   Von Dominika Sagan